Wie viele Flüge von den Blockaden der Letzte Generation betroffen waren – und wie sich Flughäfen schützen (2025)

  • X.com
  • Facebook
  • E-Mail
  • Messenger
  • WhatsApp
  • E-Mail
  • Messenger
  • WhatsApp
Wie viele Flüge von den Blockaden der Letzte Generation betroffen waren – und wie sich Flughäfen schützen (1)

Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.

Jetzt kleben sie doch wieder. Im Januar noch verkündete die Letzte Generation, »das Kapitel des Klebens« sei zu Ende. Eine »neue Ära« des »friedlichen, zivilen Widerstands« sollte beginnen, mit »ungehorsamen Versammlungen« als Hauptprotestform. Aber eben auch mit Aktionen an »Orten der fossilen Zerstörung«, wie die Aktivistinnen und Aktivisten es nennen. Dazu zählen sie etwa Ölpipelines – und Flughäfen.

Bereits zu Beginn der bayerischen Pfingstferien im Mai legten Mitglieder der Letzten Generation den Münchner Flughafen zeitweise lahm . Ende Juli klebten sich Aktivisten auf der Startbahn in Frankfurt am Main fest, gut zwei Wochen später neben einem Privatjet am Sylter Flughafen.

Nun folgte die nächste konzertierte Aktion: Am Donnerstagmorgen blockierten insgesamt acht Personen den Flugverkehr in Berlin, Nürnberg, Köln-Bonn und Stuttgart. Als Teil der internationalen Kampagne »Oil kills« fordern sie die Bundesregierung auf, einen Ausstiegsvertrag für Öl, Kohle und Gas zu unterzeichnen. Start- und Landebahnen betraten die Aktivisten nach eigenen Angaben nicht. Und dennoch: An drei der vier Orte musste der Flugbetrieb zwischenzeitlich eingeschränkt oder eingestellt werden.

Flughäfen »besser sichern«, fordert Faeser

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kritisierte die Aktionen der Letzten Generation scharf – und verkündete: »Wir verpflichten die Flughäfen, ihre Anlagen deutlich besser zu sichern.«

Der Vorwurf, dass die Betreiber ihre Gelände nicht gut genug schützen, steht schon länger im Raum, spätestens aber, seit ein 35-Jähriger im vergangenen Jahr in den Hamburger Flughafen eindringen und seine vierjährige Tochter dort 18 Stunden lang als Geisel festhalten konnte. »Flughafenbetreiber und Behörden sind hier unfassbar naiv«, urteilte damals Heinrich Großbongardt, einer der renommiertesten Luftfahrtexperten Deutschlands, im SPIEGEL. Viele deutsche Flughäfen schützten ihr Außengelände bloß mit einem einfachen Maschendrahtzaun – der vielerorts nicht elektronisch überwacht werde. »Flughäfen sind kritische Infrastruktur. Sie sind seit Jahrzehnten als bevorzugte Angriffsziele für Terroristen bekannt«, so Großbongardt.

Wie viele Flüge von den Blockaden der Letzte Generation betroffen waren – und wie sich Flughäfen schützen (2)

Auch die Klimaaktivisten haben ein ums andere Mal bewiesen, wie leicht man offenbar in deutsche Flughäfen eindringen kann. Wie gehen die Betreiber damit um? Wie versuchen sie, ihre Anlagen zu schützen? Und wie sehr haben die Störaktionen der Letzten Generation den Flugverkehr tatsächlich beeinträchtigt?

Der SPIEGEL hat Anfragen an alle deutschen Flughäfen geschickt, deren Betrieb seit 2022 von Klimaaktivisten gestört wurde: Berlin, Frankfurt am Main, München, Hamburg, Düsseldorf, Sylt, Stuttgart, Nürnberg, Köln-Bonn und Leipzig-Halle. Die Verantwortlichen berichten von mehrstufigen Sicherheitskonzepten, Alarmketten und kilometerlangen Zaunanlagen. Auskunft darüber, welche zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen sie seit den erstmaligen Störungen eingeführt haben, geben die meisten mit Verweis auf ebendiese Sicherheit nicht.

Insgesamt mussten nach Angaben der Betreiber seit Beginn der Proteste im Jahr 2022 mehr als 550 Flüge wegen Aktionen der Letzten Generation annulliert oder umgeleitet werden oder kamen verspätet an.

Am häufigsten, viermal nämlich, waren Aktivisten den Angaben nach am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) zugange. Eine Beeinträchtigung des Flugverkehrs gab es dem Betreiber zufolge allerdings nur bei der ersten Blockadeaktion im November 2022. Der Flugverkehr habe damals für 90 Minuten unterbrochen werden müssen, 15 Flüge seien umgeleitet worden. Im Dezember 2022, im Mai 2023 sowie bei der jüngsten Blockade am Donnerstag sei der Flugbetrieb nicht beeinträchtigt gewesen.

Der BER setze ein »umfangreiches Sicherheitskonzept« um, teilte ein Sprecher mit. So gebe es unter anderem eine knapp 30 Kilometer lange Zaunanlage, regelmäßige Streifgänge von Polizei und Flughafensicherheit sowie Sensor- und Videotechnik. »Letztendlich kann aber kein Flughafen solche Störungen ausschließen«, so der Sprecher.

Falttore, Poller, Sensor- und Kameratechnik

Die meisten von einer Blockade betroffenen Flüge gab es in Frankfurt am Main. Nachdem sich Aktivisten Ende Juli gegen fünf Uhr morgens Zugang zum Gelände verschafft hatten, sei der Flugbetrieb am gesamten Flughafen »aus Sicherheitsgründen« eingestellt worden, so ein Sprecher. Von 1400 für diesen Tag geplanten Flügen seien 270 annulliert worden, außerdem habe es Umleitungen und Verspätungen gegeben. Am Flughafen Frankfurt setze man unter anderem auf Alarmketten, die Polizei, Flughafenbetreiber und Flugsicherung sofort informieren sollen, sobald Unbefugte auf das Gelände eindringen.

In Hamburg hatte es im vergangenen Jahr zwei große Sicherheitsvorfälle gegeben: Am ersten Ferientag im Juli gelangten Klimaaktivisten auf das Vorfeld, 68 Flüge wurden annulliert oder umgeleitet. Im November dann folgte die 18-stündige Geiselnahme. Nun will man offenbar mit einer vier Millionen Euro schweren Investition für mehr Sicherheit sorgen. Der Betreiber kündigte im Frühjahr einen Umbau an: Stählerne Falttore, absenkbare Poller sowie Sensor- und Kameratechnik sollen das bereits bestehende Sicherheitsprogramm ergänzen. Auch soll der Stacheldraht an der Zaunanlage durch sogenannten Nato-Draht verstärkt werden, einer Weiterentwicklung von Stacheldraht, die lange Zeit nur vom Militär eingesetzt wurde und wegen ihrer scharfen Schneiden als besonders gefährlich gilt.

Anfang August dieses Jahres konnte der Hamburger Flughafen dann einen Erfolg melden: Die Polizei habe Klimaaktivisten bei dem Versuch, ins Gelände einzudringen, stoppen können.

Mehr zum Thema

  • Letzte Generation stört erneut Flugverkehr: »Gefährlich, dumm und kriminell«

  • Klebeblockaden an deutschen Flughäfen: Und sie wollen weitermachenVon Kristin Haug und Wiebke Ramm

  • Nach Störaktionen an Flughäfen: Razzia bei der Letzten Generation

Innenministerin Faeser versucht derweil, die Aktionen der Letzten Generation auch anderweitig zu unterbinden: Mitte Juli beschloss das Kabinett einen von ihr vorgelegten Entwurf zur Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes. Das Eindringen auf das Rollfeld sowie auf Start- und Landebahnen soll demnach mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden, wenn »durch die Tat die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs beeinträchtigt wird«.

Ob das die Aktivisten davon abhalten wird, Löcher in Zäune zu schneiden, ist allerdings unklar.

Wie viele Flüge von den Blockaden der Letzte Generation betroffen waren – und wie sich Flughäfen schützen (2025)

References

Top Articles
Latest Posts
Recommended Articles
Article information

Author: Tish Haag

Last Updated:

Views: 6013

Rating: 4.7 / 5 (67 voted)

Reviews: 90% of readers found this page helpful

Author information

Name: Tish Haag

Birthday: 1999-11-18

Address: 30256 Tara Expressway, Kutchburgh, VT 92892-0078

Phone: +4215847628708

Job: Internal Consulting Engineer

Hobby: Roller skating, Roller skating, Kayaking, Flying, Graffiti, Ghost hunting, scrapbook

Introduction: My name is Tish Haag, I am a excited, delightful, curious, beautiful, agreeable, enchanting, fancy person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.